Das Muzeum Susch zeigt die erste umfassende Retrospektive der kolumbianischen Künstlerin Feliza Bursztyn. Es ist einmal mehr eine späte Ehre für eine weibliche Künstlerin. Umso glücklicher können wir sein, dass diese Schätze nun gehoben werden.

Susch — Feliza Bursztyn (1933–1982) schweisste nicht im Schutzanzug. Sie trägt einen blumigen Kimono oder eine Pelzjacke, um ihren Hals schwingt eine Perlenkette, während zwischen ihren Händen die Funken sprühen. Eine geschiedene Frau im katholischen Kolumbien; eine Künstlerin, die in der Männerdomäne der Bildhauerei waltet und das in japanische Seide gekleidet! Die Nonchalance, mit der sie ans Werk ging, ist entwaffnend. Als Verrückte, «La Loca», betitelte sie die Presse. Feliza Bursztyn lächelt, ihre Ohrringe wackeln, die Eiswürfel klimpern im Rumglas. Aus dem Wahnsinn hatte sie längst eine eigenwillige Art der Selbstermächtigung gewonnen: «In einem sexistischen Land, tu so als wärst du der Verrückte!» Die Garage der väterlichen Textilfabrik – ihre Eltern waren jüdische Immigranten aus Polen – wurde ihre Werkstatt; der Patio ihr Garten, in dem sich ihre Kunst wie die Pflanzen vermehrte. Hier entstanden Anfang der 1960er-Jahre die ersten ‹Chatarras›, Skulpturen aus Metallschrott, in Verwandtschaft zu den Nouveaux Réalistes, mit denen sie während ihrer Ausbildung in Paris in Berührung kam. Obwohl rostig und mit spitzigen Nägeln oder Klingen bestückt, wirken die ‹Chatarras› nicht aggressiv, sondern organisch. Eine Arbeit aus Stossstangen trägt den Titel ‹Flor› (Blume). Später arbeitete sie mit weichen Bändern aus rostfreiem Stahl, die sich zu geschlungenen, runden Formen winden. Feliza Bursztyn bewegte sich in allen Massstäben. Sie kreierte kleinste mit Silber oder Gold veredelte ‹Minimáquinas›, aber auch monumentale Werke im öffentlichen Raum. Mit der Serie ‹Las Histéricas› fing sie an, die Stahlskulpturen zu bewegen, Ton und Schattenwürfe zu integrieren. Sie zeigen ihre Entwicklung hin zu theatralischen Inszenierungen, in denen ihr hintergründiger Humor das Publikum herausforderte. Mit ‹Las Camas› präsentierte sie 1974 im Museo de Arte Moderno von Bogotá eine Installation aus Bettgestellen, die sie mit Satintüchern bedeckte und in suggestive Bewegungen versetzte; die glänzenden Stoffe trugen die Farben der Nation wie auch der Kirche – ein «attraktives Bischofsviolett». In der von Marta Dziewańska und Abigail Winograd kuratierten Schau atmet das Œuvre der Künstlerin. Doch ihre Biografie macht deutlich, dass ihr Leben nicht ohne Schmerz und Gewalt verlief. Anfang der 1980er-Jahre wurde sie ins Exil gezwungen und verstarb erst 49 Jahre alt in Paris, wo sie ihr Werk fortsetzen wollte.

Feliza Bursztyn – Metamorphosen aus Metall

«Feliza Bursztyn – Welding Madness»
Muzeum Susch
18. Dezember 2021 bis 26. Juni 2022

muzeumsusch.ch

Publiziert in:
Kunstbulletin 5/2022, S. 90/91
artlog.net

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