Zürich — Eine Wand aus Stahl und Glas spannt sich quer durch den Raum und versperrt den Zugang zur Ausstellung. Die Scheibe hat Risse, als hätte jemand versucht, das Hindernis gewaltsam zu überwinden. Monica Bonvicinis ‹A Romance›, 2003, macht den vielsagenden Auftakt zum zweiten Teil der Sammlungsausstellung des Migros Museums, die sich mit Störungen beschäftigt. Indem die Künstlerin das Glas dieses Stücks moderner Architektur demoliert, entlarvt sie deren scheinheilige Transparenz. Die aufgepinselten Schriftzüge verweisen, wie abblätternde Plakate, auf Sigmund Freuds Untersuchung der Agoraphobie, die er bei den Frauen mit unterdrückter Sexualität diagnostizierte.
In der Ausstellung geht es nicht um vorübergehende Irritationen. Sie fokussiert auf Störungen, die unterschwellig existieren, Systeme, Machtstrukturen und etablierte Wahrheiten infrage stellen oder infiltrieren. Das kann durchaus lustvoll passieren, etwa wenn Silvie Fleury in ‹First Spaceship on Venus›, 1995, die männlich dominierte Rakete den Frauen in die Hand gibt und sie begleitet von weiblicher Popmusik zur Venus fliegen lässt. Ugo Rondinones Clowns in ‹Dog days are over›, 1996, sind hingegen unheimlich, geradezu furchteinflössend, wie sie gelangweilt in ihren Monitoren sitzen und uns schamlos auslachen, wenn wir an ihnen vorbeigehen. Der Clown war schon immer eine subversive Figur. Maurizio Cattelan setzt sie in ‹La rivoluzione siamo noi›, 2000, mit sich als Künstler gleich. Als aufgehängte Puppe schafft er ein Gegenbild zu Joseph Beuys, der als heilender Schamane die Gesellschaft zum Positiven verändern wollte.
Zahlreiche Werke drehen sich um Mythenbildung, alternative Erzählungen und behauptete Bedrohungsszenarien – in der aktuellen Gegenwart höchst aktueller Stoff. Gianni Motti versucht sein Denken mit einem Aluhut vor elektromagnetischen Strahlen zu schützen. Hanne Darboven konstruiert in ihrem ‹Welttheater›, 1973, ein komplexes, individuelles System. Das Alter Ego des Künstlers Michael Smith rüstet sich in ‹Mike Builds a Shelter›, 1983–1985, für die nukleare Katastrophe.
Das jüngste Werk stammt von Nora Turato. Sein Titel ‹fight the system, cerebral, visually striking, offbeat›, 2021, liest sich wie eine politische Parole. Doch das Licht des Leuchtkasten verleiht allem einen warmgelben Schein.
In der Ausstellung geht es nicht um vorübergehende Irritationen. Sie fokussiert auf Störungen, die unterschwellig existieren, Systeme, Machtstrukturen und etablierte Wahrheiten infrage stellen oder infiltrieren. Das kann durchaus lustvoll passieren, etwa wenn Silvie Fleury in ‹First Spaceship on Venus›, 1995, die männlich dominierte Rakete den Frauen in die Hand gibt und sie begleitet von weiblicher Popmusik zur Venus fliegen lässt. Ugo Rondinones Clowns in ‹Dog days are over›, 1996, sind hingegen unheimlich, geradezu furchteinflössend, wie sie gelangweilt in ihren Monitoren sitzen und uns schamlos auslachen, wenn wir an ihnen vorbeigehen. Der Clown war schon immer eine subversive Figur. Maurizio Cattelan setzt sie in ‹La rivoluzione siamo noi›, 2000, mit sich als Künstler gleich. Als aufgehängte Puppe schafft er ein Gegenbild zu Joseph Beuys, der als heilender Schamane die Gesellschaft zum Positiven verändern wollte.
Zahlreiche Werke drehen sich um Mythenbildung, alternative Erzählungen und behauptete Bedrohungsszenarien – in der aktuellen Gegenwart höchst aktueller Stoff. Gianni Motti versucht sein Denken mit einem Aluhut vor elektromagnetischen Strahlen zu schützen. Hanne Darboven konstruiert in ihrem ‹Welttheater›, 1973, ein komplexes, individuelles System. Das Alter Ego des Künstlers Michael Smith rüstet sich in ‹Mike Builds a Shelter›, 1983–1985, für die nukleare Katastrophe.
Das jüngste Werk stammt von Nora Turato. Sein Titel ‹fight the system, cerebral, visually striking, offbeat›, 2021, liest sich wie eine politische Parole. Doch das Licht des Leuchtkasten verleiht allem einen warmgelben Schein.
Hinweis zur Ausstellung «Aus den Fugen – Momente der Störung»
Migros Museum für Gegenwartskunst, Zürich
21. Mai bis 11. September 2022
Publiziert in:
Kunstbulletin 9/2022, S. 83
artlog.net