Das Gewerbemuseum übernimmt die Ausstellung des Vitra Design Museums zu Frauen im Design und ergänzt sie mit Schweizer Positionen. ‹The Bigger Picture› zeigt, wie stark Designerinnen die Geschichte geprägt haben und dass zukünftiges Design sich nicht von gesellschaftlichen Fragen trennen lässt.
Winterthur — Der Teppichklopfer springt auch nach über fünfzig Jahren ins Auge. Das Plakat der Nein-Kampagne zum Frauenstimmrecht von 1946 ist gutes Design. Das altert nicht und so leuchtet das Haushaltgerät heute als Symbol des Triumphs. Das Plakat ist Teil einer langen Wand, die den Kampf um Frauenrechte seit Beginn des 20. Jahrhunderts beleuchtet. Sie bildet den kontextuellen Rahmen für den Blick auf hundertzwanzig Jahre Frauen im Design. Wer gleich in die Gegenwart einsteigen will, geht nach links. Dort werden Projekte vorgestellt, die deutlich machen, wo sich die Disziplin verortet. Wichtiger als das Objekt sind Fragen zur Nachhaltigkeit und der Vernetzung. So stellt das Start-up Kuori von Sarah Harbarth (*1996, CH) mit einem multidisziplinären Team biologisch abbaubare Produkte aus Bananen- oder Nussschalen her. Das von Julia Lohmann (*1977, DE) gegründete Netzwerk ‹Department of Seaweed› erforscht nicht nur Algen als Material, sondern auch wie die Ressource vor industrieller Ausbeutung geschützt werden kann. Initiativen wie die feministische Plattform Futuress* formen internationale Lerngemeinschaften, um Design als soziale und politische Praxis zu fördern.
Design denkt heute in globalen Zusammenhängen. Die Debatten der Dekolonisierung und der Klimawandel haben die Perspektive erweitert. ‹The Bigger Picture› ist deshalb geeigneter als der Titel ‹Here we are!›, mit dem das Vitra Design Museum auf die Präsenz der Frauen zielte. Diese verfehlt ihre Wirkung indes nicht, wenn wir uns nun durch die Designgeschichte von 1900 bis heute bewegen, die ausschliesslich mit Objekten von Gestalterinnen bestückt ist. Frauen, das zeigt der Rundgang, waren bei allen wichtigen Entwicklungen vorne mit dabei, doch erfuhren sie keine nachhaltige Würdigung. Die Ausstellung ist ein Anfang, die Lücken zu füllen, Zuschreibungen anzupassen, Beiträge neu zu gewichten. Etwa von Ray Eames, Aino Aalto oder Charlotte Perriand. Andere Frauen müssen überhaupt erst entdeckt werden, wie jüngst geschehen mit der US-Amerikanerin Louise Brigham (1875–1956). Sie entwickelte zu Beginn des letzten Jahrhunderts Anleitungen für den Bau von erschwinglichen Möbeln aus verfügbarem, hölzernem Verpackungsmaterial. Lange vor Gerrit Rietveld oder Enzo Mari, die als Protagonisten in der Do-it-yourself-Bewegung auftreten, muss sie als deren eigentliche Pionierin gelten. Aber leider verschwand sie nach ihrer Heirat von der Bildfläche und liess ausser einem Buch nichts zurück.
Design denkt heute in globalen Zusammenhängen. Die Debatten der Dekolonisierung und der Klimawandel haben die Perspektive erweitert. ‹The Bigger Picture› ist deshalb geeigneter als der Titel ‹Here we are!›, mit dem das Vitra Design Museum auf die Präsenz der Frauen zielte. Diese verfehlt ihre Wirkung indes nicht, wenn wir uns nun durch die Designgeschichte von 1900 bis heute bewegen, die ausschliesslich mit Objekten von Gestalterinnen bestückt ist. Frauen, das zeigt der Rundgang, waren bei allen wichtigen Entwicklungen vorne mit dabei, doch erfuhren sie keine nachhaltige Würdigung. Die Ausstellung ist ein Anfang, die Lücken zu füllen, Zuschreibungen anzupassen, Beiträge neu zu gewichten. Etwa von Ray Eames, Aino Aalto oder Charlotte Perriand. Andere Frauen müssen überhaupt erst entdeckt werden, wie jüngst geschehen mit der US-Amerikanerin Louise Brigham (1875–1956). Sie entwickelte zu Beginn des letzten Jahrhunderts Anleitungen für den Bau von erschwinglichen Möbeln aus verfügbarem, hölzernem Verpackungsmaterial. Lange vor Gerrit Rietveld oder Enzo Mari, die als Protagonisten in der Do-it-yourself-Bewegung auftreten, muss sie als deren eigentliche Pionierin gelten. Aber leider verschwand sie nach ihrer Heirat von der Bildfläche und liess ausser einem Buch nichts zurück.
The Bigger Picture – Designerinnen im Blick
«The Bigger Picture : Design – Frauen – Gesellschaft»
Kunstgewerbemuseum Winterthur
25. November 2022 bis 14. Mai 2023
Publiziert in:
Kunstbulletin 1-2/2023, S. 104/105.