Knapp vierzig Jahre nach dem ersten «Flughafen»-Bild von Fischli/Weiss ist die Serie gemeinsam mit den «Autos» bei Eva Presenhuber ausgestellt. Vieles ist heute anders. Doch die Werke eignen sich immer noch bestens, uns in der Welt zu befragen.

Zürich — Es ist heiss. Langsam und zäh­flüssig blendet ein Bild ins nächste über. Flughafen um Flughafen. Für einen Mo­ment scheint es so, als würden sie sich ineinander auflösen, sich verwandeln in abstrakte Kompo­sitionen. Doch dann tritt das neue Bild deutlich hervor: vielleicht Rio, London oder Frankfurt. Die funktio­nalen Architekturen sind austauschbar und lassen sich nicht lokalisieren. Im Hintergrund murmeln die Stim­men aus einem Funkradio. Eine Sendung, un­klar aus welcher Zeit, von welchem Ort. Der Beamer rauscht wie ein Trieb­werk, während die Lichtschau durch 469 Ansichten von Flughäfen gleitet. Die Flug­zeuge aber rühren sich nicht. Keines hebt ab oder landet. Die Zeit scheint stillzustehen.

Über zwanzig Jahre lang, von 1987 bis 2012, haben Peter Fischli und David Weiss Flughäfen fotografiert. Wir sehen die Spiegelungen und Regentropfen auf den Scheiben von Terminals und Passa­gier­brücken, durch die sie geschaut haben, in Tokyo, Zürich, Sydney oder New York. Transiträume, durch die wir geschleust werden, ohne Zugang zu ihnen zu haben. Es sind Moment­auf­nahmen, die zu Tableaus gerinnen. Nun blicken wir durchs Museumsglas auf diese Stillleben. Und in der vom Klima­wandel verursachten rekordhohen Juni-Hitze nach der zwei­jährigen Pandemie verlieren die Bilder von der Unbe­schwert­heit mühelos reisender Tou­risten. Sind die Rümpfe, Tragwerke, Lösch- und Tankfahrzeuge, Hebebühnen und Gepäckträger, die in der endlosen Weite des Rollfelds verstreut sind, ein zeitgenössisches Memento mori?

Pathos passt nicht zur Kunst von Fischli/Weiss, die sich in den Gefilden des Alltags bewegt und gerne humor­voll agiert. Und trotz der mehr als besorgnis­er­regenden Weltlage, schaffen es die Werke, uns auf einer direk­ten, indivi­du­ellen Ebene anzusprechen und zu erwärmen. In der Auswahl der gerahm­ten Prints von Ende der 1980er- bis den späten 1990er-Jahre, die in der Aus­stellung zu sehen sind, leuchtet wie aus einem Fotoalbum mein persönliches Erinnerungsbild auf. Der erste Lang­streckenflug, entkoppelt ohne Smart­phone, die auf­regend flirrende, heisse Luft, die weite Welt.

Der Wechsel zwischen dem «Grossen» und dem «Kleinen» ist ein Spiel mit der Massstäblichkeit, das typisch für das Künstlerduo ist. So in den ebenfalls aus den 1980er-Jahren stammenden Autos aus Gips, die auf Sockeln vor den Flug­häfen ruhen. «Bin ich mein Auto?» lautet eine Frage aus ihrer Sammlung «Findet mich das Glück?». Wir sollten sie uns stellen, wenn wir uns wieder über die Parkplätze in unseren Städten streiten.
Peter Fischli David Weiss – Transitzonen

Peter Fischli David Weiss – «Airports and Cars»
Galerie Eva Presenhuber, Zürich
11. Juni bis 30. Juli 2022

presenhuber.com

Publiziert in:
Kunstbulletin 7-8/2022, S. 126/127
artlog.net

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