Teaching & Learning bezeichnet einen Bereich der République Géniale, neben der Live Art, der Eat Art und der Aus­stel­lung. Meret Arnold hat die Kura­torinnen Seraina Renz und Paula Sansano zu Teaching & Learning befragt. Résumés aus verschiedenen Gesprächen im August 2018.
Kein Bereich, sondern eine Grundhaltung
Teaching & Learning ist eine Haltung. Diese durch­dringt die ganze République Géniale ohne Rück­sicht auf Sparten. Ein Sara­sani­zelt bauen, auf dem Eichel­körbchen pfeifen, Fahnen schwingen, einen Stadt­raum anal­ysieren, eine Tanz­technik trainieren, ein Musik­stück auf einem Instru­ment üben, Archive be­le­ben, histo­rische Performances wieder­auf­führen oder über Form­prozesse in der Architektur nachdenken sind einige Lehr- und Lernereignisse, die einen Ein­druck von der Band­breite der Themen geben. Dabei steht immer die Frage am Anfang, wie Wissen auf andere Art und Weise vermit­telt werden kann als über den ein­dimen­sionalen Transfer von Lehrenden zu Lernenden. Robert Fillious Ideen aus seinem Buch «Teaching and Learning as Performing Arts» folgend, verstehen wir Lehren und Lernen als perfor­matives Ereignis. Die Künst­ler*innen, Wissen­schaftler*innen und Besucher*innen treten auf ver­schiedene Arten und Weisen mit­ei­nan­der in Inter­aktion. So werden Fertig­keiten, Wissen, Ideen weiter­gegeben und/oder neu gewonnen und erschaffen. Ent­sprechend Fillious Vorstellung der «création permanente» ist der Prozess wichtiger als das Ergebnis – wenn es dieses überhaupt gibt. Vielleicht bleibt es beim «pas fait» (Idee), oder es ist «mal fait» (Experiment). «Bien fait»? – umso besser. Im Grunde aber sind diese Bewer­tungs­kri­terien gleich­wertig: Pro­duk­tiv und erkennt­nisreich sind alle drei.

Im Klima einen Meter über dem Boden
Das Besondere am Teaching & Learning der République Géniale ist, dass es im Museum statt­findet. Das Museum löst sich damit ein Stück weit von seinem Auftrag, Kunst zu präsen­tieren, zu sammeln und zu bewahren und überlässt sein Terri­torium einem künstlerisch-krea­tiven Prozess. Das Erd­geschoss der République Géniale, das im Besonderen dem Teaching & Learning gewidmet ist, beher­bergt nur wenige dauer­haft einge­richtete Instal­lationen, Projek­tionen oder Objekte. Künstler*innen, Wissen­schaftler*innen, Student*innen und Besu­cher*innen werden diese Räume immer wieder in Beschlag nehmen, um etwas zu erarbeiten, zu zeigen, zu disku­tieren. Viele der Beteiligten kommen mehrere Male in die République Géniale und lassen die Besu­cher*innen an einem Schaf­fens­prozess teilhaben. So zum Beispiel die Gruppe von Künstler*innen, Schrift­steller*innen und Archi­tekt*innen, die Fillious «L’Immortelle Mort du Monde» in Auf­führungen entwickelt (18.8., 12.10., 14.10., 10.11.), so dass diese den Charak­ter von Proben haben. Diese Disposition erhebt die République Géniale meta­pho­risch auf jene von Robert Filliou beschrie­bene Höhe einen Meter über dem Boden, auf der etwas statt­finden kann, dass pro­zesshaft und ergebnis­offen ist. Die Szenografie und die Pro­gram­mierung unter­stützen diese Offen­heit. Es ent­stehen immer wieder neue Kon­stel­lationen von Räumen, Themen und Menschen.

Die gesamte Lebens­welt betref­fend
Teaching & Learning ist auch ein Vehi­kel, um sich den Fragen der heu­tigen Zeit zu stellen. Eine davon ist die mehr als besorg­nis­erre­gende Entwicklung des Klimas mit all ihren Folge­erschei­nungen. Im Sym­posium «Ein Meter über dem Boden» beschäftigen sich deshalb Archi­tekt*innen, Wissen­schaftler*innen und Künstler*innen mit diesem Thema. Im Zentrum steht die Rolle der Archi­tektur in öko­nomischen und politischen Prozessen. Aber auch als Binde­glied zwischen gestal­terischen und tech­ni­schen Diszi­plinen ist sie prädes­tiniert dazu, neue Ideen für die Lösung der heutigen Probleme zu entwickeln.

Mögen in Ver­anstal­tungen der République Géniale Menschen mit spe­ziellem Wissen und Fertig­keiten die Bühne betreten, das Wort ergreifen oder zur Tat schreiten – das Teaching & Learning findet in der République Géniale auf Augen­höhe statt. Als Men­schen bringen wir, wie Filliou betonte, alle die gleiche Genialität mit. Aus­gehend von diesem egali­tären Grund­prin­zip werden die Lehr- und Lern­prozesse angestossen. Das mag kompli­ziert tönen, funktioniert aber ganz ein­fach und direkt in der Begegnung und im Gespräch.
Teaching & Learning

République Géniale
17. August bis 11. November 2018
republiquegeniale.ch

Publiziert in:
blog.kunstmuseumbern.ch
24. August 2018

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert